Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Fragen, Antworten und Hinweise zu den Modellen mit 790ccm und 865ccm
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mopedschraube

Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von mopedschraube » 9. Jan 2017, 22:47

Das Thema Fahrwerk und eventuelle Wackeleien bei den Lufis ist ja gerade hochaktuell...
Ich versuch mal so eine art Liste, was Was so macht und bewirkt.

Gabelstabi/stabilere Vorderradachse:
Beide Bauteile versteifen die Gabel.
Beim Bremsen verwindet sich die Gabel deutlich geringer.
Vorteil: Die Gabel spricht feiner beim Bremsvorgang auf Unebenheiten an. Die Radführung auf unebenem Gelände ist exakter.
Nachteil: Die ungefederten Massen sind größer. Der Stabi verzieht die Gabel prinzipiell leicht. Dadurch ist das Ansprechverhalten schlechter.
Insgesammt überwiegen die Vorteile deutlich.

Lenkungsdämpfer:
Er unterdrückt stark einmalige kurze Impulse, die von aussen in die Lenkung eingebracht werden. Z.B. ein Schlagloch, was in Schräglage überfahren wird.
Langsame Impulse werden schwach gedämpft. Z.B. der Lenkimpuls, oder eine pendelnde Lenkung.

Gabel neu abstimmen:
...Erst ein paar Daten: Erstrebenswert sind ein statischer Negativfederweg von 20mm (Federvorspannung), dynamisch von 30mm (Auswahl der Feder)
In Folgeerscheinung der gewählten Feder die passende Abstimmung der Dämpfung über die Ölviskosität. und der Progressivität der Federung (Ölfüllhöhe.)
Meine persönliche Erfahrung:
Bonny/Thrux: Originale Federn. Den statischen Negativfederweg per Distanzhülsen auf 20mm korrigieren. Bei "normalen" Fahrergewichten kommt man dann dynamisch auf ca. 30mm.
Scrambler: Zubehörfeder. (Öhlins, Wilbers, etc. - Es kommen eh alle Hersteller auf die gleiche Federkennlinie.) - Rest wie Bonny/Thrux.
Öl bei Bonny/Thrux/Scrambler: 20 ´ger Öl mit einer Füllhöhe von 120mm.

Vorteil: Das Vorderrad folgt gleichmäßiger/exakter Bodenunebenheiten. Mehr Haftungsreserven des Vorderrades. In geringem Masse eine längere Haltbarkeit des Reifens.
Nachteil: Gegenüber der originalen Abstimmung fühlt sich die Abstimmung härter ("ruppiger") bei niedrigen Geschwindigkeiten an.

Federbeine:
Zubehörfederbeine ab der mittleren Güteklasse haben ein deutlich besseres weicheres Ansprechverhalten. Hintergrund: Bei den originalen Federbeinen läuft im Stahlzylinder ein Kolben mit Dichtring aus Stahl. Bei den Zubehörfederbeinen ein Stahlzylinder kombiniert ein Kolben mit einem Dichtring aus Teflon.


Dabei sind die Kolbenbewegungen im Zylinder recht niedrig (Z.B. im Vergleich die Kolbenringe (Stahl!) im Motor.). Es kann sich kaum ein Ölfilm zwischen der Paarung aufbauen. - Das Losbrechmoment Staht/Stahl ist deutlich größer als bei der Paarung Stahl/Teflon. - Sprich die Mindestkraft, die man braucht, um den Kolben zum bewegen zu bringen ist unterschiedlich.
Vorteil: Das Hinterrad folgt gleichmäßiger/exakter Bodenunebenheiten. Mehr Haftungsreserven des Vorderrades. In geringem Masse eine längere Haltbarkeit des Reifens.
Nachteil: Keine.
Persönliche Abstimmung aus der Erfahrung:
Feder: Bei Stummellenkern hoch bis zur EFI-Thrux mit ori Lenker eine 17/25N/mm-Feder. Bei Twins aufrecht sitzend eine 20/30´ger Feder. (Scram/Bonny...)
Federbeinlänge: Bei Thrux und Scram eine Federbeinlänge von 380mm, gemessen von Auge/Auge (So ist das Üblich.) Bonny 360mm.
Negativfederweg statisch: 10mm. Dynamisch sollte man dann bei 30mm landen ("Normales Fahrergewicht").
Die Dämpfung ist immer eine direkte Folgeerscheinung der verbauten Feder. (Deren Bewegung muß begrenzt werden. Das ist unabhängig vom Gewicht.)
Bei "EcoLine-Dämpfern" sollte (Ist es auch im allgemeinen) die Dämpfung stimmen.


Gabelbrücken:
Im wesentlichen gibt es zwei relevante Gabelbrückensätze (Gabelbrücke Oben/Unten). Für Bonny/Thrux.
Beide sind mit einem deutlich geringeren Offset versehen. (Offset: Der Versatz Mittelpunkt Lenkachse zum Mittelpunkt Radachse/ Gabelmittelpunkt.)
Eine Veringerung des Offset bedeutet dabei analog eine Erhöhung des Nachlaufs.
LSL: Die Gabelbrücken von LSL (41/43mm Gabelholme) haben ein ca. 18mm geringeres Offset.
Original Gussi-Gabelbrücken: (41mm Gabelholme) haben ein geringeres Offset von ca. 23mm.
(Ich muß gerade mit absoluten Werten "Einknicken": Ich hab die Werte jetzt nicht im Kopf!!! :-((( )
Vorteil: Das Möpi wird stabiler beim geradeauslauf.
Nachteil: Das Möpi wird unhandlicher.

Heckrahmen steif verschweißen:
Der Heckrahmen wird dabei mittels eines Rohres/Bogens hinten verbunden. Als Material ein 22mm bis 1" Rohr (Gerades Rohr oder Rund-/Spitzbogen)
Sinn ist es eine Versteifung des Rahmens insgesammt zu erzielen.
Der Heckbereich des Rahmens ist konstruktiv elastisch ausgeführt. - Bei einigen Rahmen hat man bei bestimmten Geschwindigkeiten eine Eigenfrequenz, bei der von der hinteren Federung Schwingungen in die Lenkung eingeleitet werden. Durch die Eigenfrequenz kann sich dann das System Fahrwerk tieffrequent aufschaukeln.
Durch die Versteifung des Heckrahmens wird die Eigenfrequenz in eine höhere Frequenz verschoben.
Vorteil: Das Möpi "wackelt" erst bei Geschwindigkeiten, die es leistungsmäßig nicht erreichen kann.
Nachteil:Es muß individuell angepasst werden. Die Folgekosten können größer sein als die eigentliche Umarbeitung des Rahmens.

Nobby

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von Nobby » 10. Jan 2017, 08:00

Danke, Alter! Wie immer Hut ab vor diesem fundierten Wissen.
Nobby

thomaswagner-hh

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von thomaswagner-hh » 10. Jan 2017, 11:04

Mal alles zusammengefaßt - prima :+++: und Danke :wink+:

Martin22

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von Martin22 » 10. Jan 2017, 16:13

Toller Überblick,

aber wie ist der Nachteil der Rahmenversteifung genau gemeint? :fra: Was müsst da noch individuell angepasst werden?
Nachteil:Es muß individuell angepasst werden. Die Folgekosten können größer sein als die eigentliche Umarbeitung des Rahmens.

Erpel

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von Erpel » 10. Jan 2017, 18:04

Ergänzung zur versteiften Radachse vorne:

Die Lager sind besser als die Originalen, daher weniger Spiel im Vorderrad. Zusammen mit der Versteifung kommen Lenkimpulse spürbar besser durch, mit dem Ergebnis, dass sich die Fuhre deutlich handlicher anfühlt. In z.B. Kreisverkehren oder engen S-Kurven gut erfahrbar.

Urs

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von Urs » 10. Jan 2017, 18:18

Gratuliere zu diesem neuen Thema!
Ein richtiger Geniestreich.
Wichtig für alle, die dabei sein wollen. :wink+:

bartec

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von bartec » 10. Jan 2017, 21:39

Vielen Dank für die klasse Zusammenfassung :+x+:

mopedschraube

Re: Lenkungsdämpfer, Rahmen schweißen, etc.

Beitrag von mopedschraube » 13. Jan 2017, 22:14

Als Ergänzung:

Lager:

Lenkkopflager sind handelsüblich als (Schräg-) Kugellager oder Kegellager.
Kegellager haben den Vorteil der langen Haltbarkeit bei exakter Montage. (Mathematisch/konstruktiv gedacht hat jeder Kegel eine strichförmige Auflage.)
Kugellager haben den Vortel, das sie leichtdängiger sind (Mathematisch/konstruktiv gedacht hat jede Kugel eine punktförmige Auflage.), und sie verzeihen eine eine leichte Schieflage zueinander besser. (Montage/konstruktiv.)


Radlager:
Handelsüblich sind Radlagerager in Standartausführung und mit erhöhter Lagerluft (allg. als "C3" bezeichnet.)
Allgemein werden alle handelsüblichen Radlager beidseitig mit integrierten Dichtscheiben angeboten.
Allternativ gibt es beide Lagerarten auch mit Deckscheiben.
Dichtscheiben->Wartungsfrei, hoher Reibwert.
Deckscheiben-> Erhöhter Verschleis wenn das Fett ausgeschleudert ist. Geringer Reibwert.

"C3"-Lager sind leichtgängiger, Standartlager können "kippelfreiher" führen.

(Anmerkung: Ich selber; - also nur ich persönlich nur bei meinem eigenen Möpi das auf "Kravall gebürstet" ist: Ich nehm "C3" mit Deckscheiben. - Deckscheiben einseitig auch nur nach außen gerichtet.
Und dann mit Distanzbuchsen, die soweit runter gedreht sind, das der äußerste Dichtring mit Null Vorspannung anliegt. ;-) - Das ist aber auch nichts für den "Alltag"...)

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